Bundesgesetz für die Steuerreform und AHV Finanzierung
Was ändert sich?
Mit Einführung der STAF werden diverse steuerliche Bestimmungen geändert bzw. angepasst. Die einzelnen steuer-politischen Massnahmen können wie folgt zusammengefasst werden:
Abschaffung Steuerprivilegien
Einführung auf: Bundesebene und Kantonsebene
Die kantonalen Steuerprivilegien (z.B. Holdingprivileg) wie auch die Besteuerungspraxen für Prinzipalgesellschaften und Swiss Finance Branches werden aufgehoben.
Sondersatzlösung bei Wegfall kantonaler Steuerprivilegien
Einführung auf: Kantonsebene
Bei Wegfall der Steuerprivilegien werden die stillen Reserven (inkl. Goodwill) steuerneutral aufgedeckt und sodann gewinnsteuerwirksam abgeschrieben werden.
Step-up bei Zuzug / Eintritt in die Steuerpflicht
Einführung auf: Bundesebene und Kantonsebene
Bei Beginn der Steuerpflicht dürfen die stillen Reserven (inkl. Goodwill) steuerneutral aufgedeckt und sodann gewinnsteuerwirksam abgeschrieben werden.
Patentbox
Einführung auf: Kantonsebene
Der Reingewinn aus qualifizierten Patenten und vergleichbaren Rechten wird in reduziertem Umfang in die Bemessungsgrundlage bei der Gewinnsteuer einbezogen. Die minimal erforderliche Besteuerungsquote ist 10% (d.h. maximale Entlastung um 90%).
Erhöhte F&E-Abzüge
Einführung auf: Kantonsebene (freiwillig)
Inländische Forschung- und Entwicklungsaufwendungen sind mit einem Zuschlag von bis zu 50% abzugsfähig.
Abzug kalkulatorischer Zins für Eigenfinanzierung (bei Mindeststeuerbelastung)
Einführung auf: Kantonsebene (freiwillig)
Kalkulatorischer Zins auf dem Sicherheitseigenkapital bei einer kantonalen Gewinnsteuerbelastung von mindestens 13.5%.
Erleichterung bei der Kapitalsteuer
Einführung auf: Kantonsebene (freiwillig)
Steuerermässigung für Eigenkapital auf Beteiligungen, Patenten und Konzerndarlehen.
Teilbesteuerung
Einführung auf: Bundesebene und Kantonsebene
Ausschüttungen aus qualifizierenden Beteiligungen (Beteiligungsquote > 10%) unterliegen einer Besteuerungsquote von 70% (direkte Bundessteuer) bzw. mindestens 50% (Kantons- und Gemeindesteuern).
Entlastungsbegrenzung
Einführung auf: Kantonsebene
Die gesamte steuerliche Entlastung für die Patentbox, den erhöhten F&E-Abzug, den kalkulatorischen Zins für die Eigenfinanzierung und die Abschreibung der stillen Reserven beim Statuswechsel darf nicht höher sein als 70% des steuerbaren Gewinnes.
Beschränkung der Ausschüttung von Kapitaleinlagereserven
Einführung auf: Bundesebene und Kantonsebene
Börsenkotierte Unternehmen sind verpflichtet, bei der Ausschüttung von Kapitaleinlagereserven im gleichen Umfang übrige (steuerbare) Reserven auszuschütten.
Verschärfung Transponierungstatbestand
Einführung auf: Bundesebene und Kantonsebene
Die minimal erforderliche Beteiligungsquote von 5% für das Vorliegen einer Transponierung wird aufgehoben.
Ausdehnung pauschale Steueranrechnung
Einführung auf: Bundesebene und Kantonsebene
Die pauschale Steueranrechnung kann von schweizerischen Betriebsstätten ausländischer Unternehmen beansprucht werden.
Was ist zu tun?
Im Hinblick auf die Einführung der STAF per 1. Januar 2020 sind die Auswirkungen und Planungsmöglichkeiten für Unternehmen und deren Anteilsinhaber individuell zu analysieren. Weil diverse Entscheidungen bereits vor Einführung de STAF zu treffen sind, sollten prioritär bis Ende 2019 Überlegungen zu den nachfolgenden Massnahmen angestellt werden.
Abschaffung kantonale Steuerprivilegien
Infolge Aufhebung der kantonalen Steuerprivilegien (Holdinggesellschaften, Domizilgesellschaften, gemischte Gesellschaften) unterliegen die bisher ganz oder teilweise steuerfreien Erträge zukünftig der ordentlichen Gewinnsteuer. Auch die privilegierten Kapitalsteuersätze werden aufgehoben. Die bei Wegfall eines Steuerprivilegs vorhandenen stillen Reserven (inkl. Goodwill) werden mittels Verfügung festgesetzt. Bei einer Realisation der stillen Reserven innert der nächsten fünf Jahre werden diese dann mit einem reduzierten Gewinnsteuersatz besteuert. Alternativ ist es in diversen Kantonen (z.B. Kanton Bern) möglich, bis zum Inkrafttreten der STAF die bestehenden stillen Reserven (inkl. Goodwill) offenzulegen und sodann steuerwirksam abzuschreiben. Privilegiert besteuerte Gesellschaften sollen anhand ihrer individuellen Situation prüfen, welche Variante für sie vorteilhafter ist.
Teilbesteuerung
Auf Bundesebene – und teilweise auch auf Kantonsebene – werden Dividenden aus qualifizierenden Beteiligungen ab dem Jahr 2020 höher besteuert. Zu prüfen ist daher, ob und in welchem Umfang vorhandene Reserven noch im Jahr 2019 in Form einer Substanzdividende auszuschütten sind.
Senkung kantonale Gewinnsteuersätze
Zwecks Sicherstellung der Standortattraktivität können die Kantone ihre Gewinnsteuersätze senken. Tendenziell sollte daher die Gewinnrealisation – sofern möglich – aufgeschoben werden.
Transponierung
Sofern Streubesitz (d.h. Beteiligungen von weniger als 5%) in eine selbstbeherrschte Gesellschaft eingebracht werden soll, muss dies vor Ende 2019 erfolgen.
Wahl Unternehmenssitz
Aufgrund der kantonalen Unterschiede bei den verschiedenen Massnahmen der STAF (z.B. erhöhte F&E-Abzüge) ist zu klären, ob eine Sitzverlegung oder Verlagerung von Aktivitäten steuerlich sinnvoll ist.
Wann besteht Handlungsbedarf?
Handlungsbedarf aufgrund der Steuerreform besteht, wenn
- das Unternehmen über eine Holding gehalten oder finanziert wird.
- das Unternehmen überschüssige Liquidität und Reserven vorweist.
- die optimale Bezugsstrategie hinsichtlich Lohn und Dividende unklar ist.
- das Unternehmen innovativ ist.
- die Produkte Eigenentwicklungen beinhalten.
Mit der Einführung des Dividendenprivilegs im Rahmen der Unternehmenssteuerreform II nahmen Dividendenbezüge an Attraktivität zu. Gewisse Kantone privilegierten Dividenden so stark, dass oftmals erhöhte Dividenden anstelle von Lohn ausbezahlt wurden. Das Bundesgericht sowie die kantonalen Gesetzgeber korrigierten diese vorteilhafte Bezugsmöglichkeit wieder. Dadurch nahmen in den vergangenen Jahren die Vorteile zugunsten der Dividende kontinuierlich ab. Mit der neuen Steuerreform (STAF) wird ein letzter Schritt in Richtung «rechtsformneutrale Besteuerung des Unternehmens sowie seines Eigners» gemacht.
Anpassung Dividendenbesteuerung durch STAF
Eine rechtsformneutrale Besteuerung der Dividende auf massgeblichen Beteiligungen liegt etwa bei 60 % bis 70 %, abhängig unter anderem von den kantonalen Gewinnsteuersätzen und der Steuerprogression der Beteiligungsinhaber. Auf Stufe Bund wird die Dividendenbesteuerung von qualifizierten Beteiligungen ab dem Jahre 2020 von bisher 60% auf 70% erhöht, während auf Stufe Kanton die Dividende mit mindestens 50% besteuert werden muss. In verschiedenen Kantonen bleibt die Dividendenbesteuerung auf der bisherigen Höhe bestehen, so unter anderem in LU, NW, OW, SZ, ZG. Andere Kantone passen im Zuge der Steuerreform die Besteuerungshöhe an, so unter anderem AG, BL, BS, SG, SO, UR, ZH (ab 2023). Massgebend für die Dividendenbesteuerung ist der jeweilige steuerliche Hauptwohnsitz der Eigner sowie das Jahr der Dividendenfälligkeit (in der Regel GV-Datum).
Dividendenbezüge sind noch im Jahr 2019 zu beschliessen, um von den bestehenden Entlastungen zu profitieren.
Steuerbelastungsdifferenz
Die Verschlechterung des Dividendenprivilegs – isoliert auf Stufe Bund – beläuft sich ab dem Jahre 2020 je nach Progressionsstufe der Begünstigten auf rund 0.5 % bis 1.15 %. Bei einer Dividende von CHF 100 000 und einer Steuerprogression von CHF 250 000 beläuft sich die Steuerbelastungsdifferenz auf Stufe Bund auf rund CHF 750. Hat der Beteiligte seinen steuerpflichtigen Wohnsitz in einem Kanton, welcher die Dividendenbesteuerung ebenfalls erhöht, kann sich die Steuerbelastungsdifferenz entsprechend vergrössern.
Es gilt jedoch zu beachten, dass die Ausschüttung oder Erhöhung einer Dividende noch im Jahre 2019 weitere steuerliche Auswirkungen haben kann. So reduziert die Dividendenausschüttung wohl die Kapitalsteuer der Gesellschaft, erhöht jedoch die Vermögenssteuer der Beteiligten. Kann auf dem steuerlichen Aktien- oder Stammanteilswert der Minderheitsabzug (bei Beteiligungen von bis und mit 50 %) geltend gemacht werden, ist zu prüfen, ob der höhere Dividendenertrag den Minderheitsabzug aufgrund der Angemessenheit der Beteiligungsrendite verunmöglicht.
Liquiditätsplanung
Auf Stufe der Gesellschaft müssen Dividenden handels- rechtlich ausschüttbar sein und in Abstimmung mit der Liquiditätsplanung erfolgen (es müssen genügend Liquidität und Reserven vorhanden sein). Alternativ können Dividenden über ein Gesellschafterkontokorrent verbucht werden, wobei hier die Verrechnungssteuerfolge immer liquiditäts- wirksam ist und die Rückforderung auf Stufe Gesellschafter unter Umständen zeitlich verschoben erfolgt.
Zwischen Lohn und Dividende darf kein offensichtliches Missverhältnis bestehen.
Schranken der AHV
Aus Sicht der AHV darf kein offensichtliches Missverhältnis zwischen Lohn und Dividende bestehen. Ist dies der Fall, drohen AHV-rechtliche Umqualifikationen von Dividenden in Lohn (mit den entsprechenden AHV-Folgen). Der Unter- nehmerlohn hat immer einem marktüblichen Drittvergleich standzuhalten. Zudem gelten Dividenden ab einem Vermögensertrag von 10 % des Steuerwertes der Beteiligungs- rechte vermutungsweise als überhöht.
Private Finanzplanung
Eine vorzeitige und hohe Dividende könnte dazu führen, dass die Nettosteuerbelastung aufgrund des progressiv ausgestalteten Einkommenssteuertarifs höher ausfällt. Um der Progressionsentwicklung entgegenzuwirken, bieten sich Einkäufe in die zweite Säule (BVG) an. Einkäufe sind vom steuerbaren Einkommen vollständig abziehbar. Die Nettosteuerersparnis bei solchen Einkäufen liegt bei rund 25 % (Faustregel), was unter Einbezug der jährlichen Verzinsung als private Vermögensanlage durchaus attraktiv ist. Weitere Verwendungsmöglichkeiten der zugeflossenen Dividende bietet die klassische Wertschriftenanlage oder die Amortisation von Hypothekarschulden.
Sollen die bezogenen liquiden Mittel privat investiert werden, so empfiehlt sich eine umfassende Planung der individuellen finanziellen Situation. Dabei stellen sich Fragen nach der richtigen Anlagestrategie, dem passenden Vermögensverwalter sowie den daraus resultierenden Chancen und Risiken.